Matthias Zeller

Violine

Da ich mich jetzt intensiv mit der Kohlefasermaterie auseinandergesetzt habe, dabei viele Leute gesprochen, viele Kontakte sich anbahnten, will ich auch allen von meinen Ergebnissen berichten. Sozusagen ein kleiner Testbericht...

Zur Verfügung standen 5 Carbon-Bögen: Coda, Righetti, Arcus - leider kein Spiccato, als Referenz-Bogen diente mein guter Heinz Dölling-Bogen, Preis damals 1.000 €.

Von vornherein aussortiert wurde der Codabow. Schon von der äußeren Erscheinung so schlecht gearbeitet, dass das nicht ernst gemeint sein konnte. Er sah so aus, fühlte sich so an und war es sicher auch: ein grober Stock. Gegen Ende habe ich ihn doch einmal gespielt- klanglich war er gar nicht so schlecht! Übrig blieben also Righetti (Modell Sartory) und Arcus (2x Sinfonia eckig, 1x Sinfonia rund). Alle liegen preislich über meinen Dölling.

Righetti: Schon äußerlich ein hochästhetischer Anblick. .... Die Stange des "Sartory" zeugt von Beherrschung der Materie. Schlank, filigran, die Fasern sind leicht irisierend sichtbar. Insgesamt ein sehr warmer, Holz vergleichbarer Anblick. Der Griff fühlt sich auch gut an. Er liegt gut in der Hand, die Balancen stimmen. Doch jetzt zum Ton - beeindruckend wie der Sartory über die Saiten zieht. Man kann ihn gut führen, der Klang entwickelt sich gleichmäßig. "Sahnig". Springen tut er auch, wenn auch nicht ganz so leicht (trotz Karbonfaser ist er auf das gleiche Gewicht wie ein Holz-Bogen getrimmt). ... Ein freundlicher, angenehmer Bogen, der elegant das tut, was man will. Der Vergleich zum Dölling lässt einen aber sensibler werden. Laut Auskunft müsste er ja Klassen besser sein (wenn man berücksichtigt, dass der Dölling ähnlich teuer bzw. sogar etwas billiger ist). Ist er aber nicht! Er erreicht nicht die Brillanz des Dölling, klingt im Vergleich dann doch etwas dumpf und gedämpft. Auch scheint das Klangspektrum nicht so satt wie das Döllingsche. Spiccato: ... der Dölling liegt wesentlich ruhiger auf der Saite, der Sartory springt doch etwas hin und her, ist etwas "zickig". Auch kratzt er mehr! Fazit: ein sehr guter Bogen, aber er kommt nicht an meinen 1.000 € Dölling ran, ist zwar unverwüstlich, aber somit trotzdem kein "Schnäppchen".....

ARCUS: ...von der Musikmesse 2000 wusste ich, dass man diese Bögen nicht einfach so spielen kann. Sie sind anders konzipiert, man muss sich erst darauf einstellen. Beim ersten Versuch stelle ich allerdings fest, dass sich da einiges getan hat. Gegenüber dem "Messeschock" von damals komme ich sehr viel schneller an ein Spielgefühl ran, das mich mit dem Bogen umgehen lässt. ... Schon bei den ersten Tönen wird klar, dass hier die Versprechungen gehalten werden- er entwickelt wirklich einen satten Klang mit dichtem Timbre. Zuhörer sagen ohne Zögern, dass dieser Bogen die meiste "Power" hat. Man kann ordentlich reinhalten ;-). Die Stricharten kommen auch gut daher. Aufgrund der Leichtigkeit des Bogens wunderbar einfach und ohne Kraftaufwand. Hier tun sich die neuen Möglichkeiten auf, die für mich Hauptgrund sind, in eine neue Technologie "reinzuriechen". So leicht kam ich noch bei keinen Bogen vom Detachè ins Spiccato. Endlich kann man mit einem modernen Bogen "Barock" spielen. Mozart, Bach - das wird für mich jetzt auch auf der "normalen" Geige mit "modernem" Bogen greifbar. Bisher holte ich da mein Barockmodell raus.

Vergleich zum Dölling: Die Spielqualitäten sind auf den ersten Blick vergleichbar. Mit beiden bekommt man ein sauberes Spiccato hin, ohne viel Gekratze. Beide entwickeln einen runden satten Ton. Arcus wird aber da zum Sieger, wo es um Forte in Verbindung mit schnellen Strichen geht.Man kann ihn einfach mehr "peitschen". Er ist leicht, hält viel Kraft aus und der Ton spricht einfach schneller an. Insofernhole ich mit ihm einfach mehr aus meiner Geige raus. Es ist beachtlich, wie viel Druck man geben kann. Nach längerem Spiel gewinnt alles deutlich an Klang und Brillanz. Sowohl Detachè, als auch Spiccato sind sehr klangvoll zu meistern, die Möglichkeit von blitzschnellen Übergängen ist für mich ein Novum in der Spieltechnik

Im Rückwechsel zum Dölling wirkt der zwar immer noch edel, doch nicht mehr ganz so feurig. Natürlich - er ist auch schwerer, was (wie übrigens auch beim Sartory) zwar angenehm ist, wenn man den Bogen von alleine spielen lassen will, aber man ist einfach wendiger mit einem leichten Bogen. Und wenn der auch noch mehr Kraft rausholt... auch im Piano klingt's bei Arcus edel und fein, aber man muss seine Technik ganz schön umstellen.

Fazit: ein interessanter Bogen, der viele Optionen bereithält und auf den ersten Blick einfach der Geige ein größeres Potenzial erschließt. Was dahinter steckt, muss die Zeit lehren, wenn man mit dem Bogen vertraut ist. Auf alle Fälle ein angenehmer Gegensatz zu dem Dölling. Kein schlechtes Double, sondern ein echtes Gegenüber. ...

Schlussbetrachtung: Für mich liegt der Sinn und damit auch die Zukunft und das Potential der Carbon-Bögen nicht in der Imitation der Holz-Bögen, sondern in der Nutzung der Möglichkeiten des neuen Werkstoffes! Die hier durch Compositwerkstoffe mögliche"Leichtigkeit" des Bogens und damit des Spiels möchte man nicht mehr missen, wenn man sie erst mal kennen gelernt hat. Hier hat Arcus das bessere Konzept und überzeugt damit letztendlich. Da bei den "Holzimitationen" auch preislich für mich kein "günstigeres Preisleistungsverhältnis" feststellbar ist, macht es für mich keinen Sinn, wenn ich für das gleiche Geld, bei etwas Suche und Geduld bei der Auswahl, einen doch besseren Holzbogen kriegen kann. Die Möglichkeiten der Arcus-Bögen sind Wegweiser. Hier ergänzt sich für mich Holz und Carbon bzw. es ist für mich eine echte Alternative. .... Vielleicht muss hier auch erst ein "Paganini" kommen, der eine neue Technik etabliert, die konform geht mit den neuen Möglichkeiten der Kohlefaser. Wenn man spürt, dass ein leichter Bogen genauso steif ist wie gewohnte Bögen, ist es absurd, mit einem hochfesten Material genauso schwere Bögen zu bauen (wie Holz-Bögen), nur weil wir es so gewöhnt sind und unsere Technik darauf eingestellt ist. Technik setzt Möglichkeiten um und bringt sie zum Ausdruck - das Arcus-Konzept bietet diese Möglichkeiten! ...

www.matthiaszeller.de